Rechtsanwalt Peter Schwab

Rechtsanwaltskanzlei Peter Schwab

Entscheidungen zum Erbrecht


Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung höchstrichterlicher Entscheidungen mit Fundstellen aus allgemein zugänglichen Quellen (Pressemitteilungen, Fachzeitschriften), die Ihr Interesse finden könnten:

Namentliche Bezeichnung des Erben nicht zwingend erforderlich

(OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.07.2017 – 20 W 343/15):
Ein testamentarisch Bedachter muss nicht ausdrücklich namentlich benannt sein. Es ist nämlich im Hinblick auf § 2084 BGB anerkannt, dass der Erblasser seinen letzten Willen nicht in der Weise zu äußern braucht, dass der Bedachte von vorne herein individuell bestimmt ist. Vielmehr genügt es entsprechend der Zielrichtung des § 2065 Abs. 2 BGB nach einhelliger Rechtsprechung, wenn der Bedachte im Zeitpunkt des Erbfalls durch jede sachkundige Person anhand objektiver Kriterien bezeichnet werden kann. Um die Bezeichnung des Bedachten handelt es sich dabei, wenn der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung hinsichtlich des Bedachten diejenigen Angaben gemacht hat, die es jeder mit genügender Sachkunde ausgestatteten Person ermöglichen, den Bedachten aufgrund der gemachten Angaben zu bezeichnen, ohne dass dabei ein eigenes Ermessen der mit entsprechender Sachkunde ausgestatteten Person (mit)bestimmend ist. Der Personenkreis muss also so eng begrenzt und die Gesichtspunkte für die Auswahl müssen so genau festgelegt sein, dass für eine Willkür des Dritten kein Raum bleibt.

Wertermittlungsanspruch kann auch durch ortsgerichtliche Schätzung des Grundstückswerts erfüllt werden

(OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.12.2021, Az. 12 U 110/21):
Da § 2314 BGB zum Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben nicht zwingend die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorschreibt, ist dieser Bestimmung Genüge getan, wenn eine ortsgerichtliche Schätzung eingeholt wird; ein Sachverständigengutachten kann nicht verlangt werden.

Vergütungen für soziale Kontakte des Erblassers können pflichtteilsergänzungsrelevante Zuwendungen mindern

(OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 24.09.2020 – 12 U 646/20):
1. Nimmt die spätere Erblasserin von ihrer testamentarischen Erbin Leistungen in Anspruch, denen sie einen bestimmten Wert beimisst und die sie mit diesem Wert vergütet, muss ihre Bewertung grundsätzlich anerkannt werden; der Bewertung von Leistung und Gegenleistung durch die Parteien sind nur insoweit Grenzen gesetzt, als sie nicht auf Willkür beruhen und somit zu einer Aushöhlung des Pflichtteilsrechts führen dürfen, indem die Erblasserin erbrachte Zuwendungen mit einer, im groben Missverhältnis zu dieser Leistung stehenden Gegenleistung verknüpft und diese Gegenleistung so der Ausgleichspflicht im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsrechts entzieht."
" 2. Misst die spätere Erblasserin der Tatsache regelmäßiger Besuche ihrer testamentarisch vorgesehenen Erbin und der sich durch die Besuche und die Unternehmungen ihr eröffneten „Flucht aus der Eintönigkeit des Heimaufenthaltes“ eine besondere Wertigkeit bei, erscheint dies verständlich und nachvollziehbar; der Ansatz eines monatlichen Betrages von 1.000 € als Gegenleistung für solche Besuche ist - unter Berücksichtigung der Gesamtumstände - in rechtlicher Hinsicht nicht als unverhältnismäßig zu qualifizieren."
" 3. Überlässt die spätere Erblasserin ihrer späteren Erbin bereits zu Lebzeiten den für die Veräußerung ihres Hauses erzielten Verkaufserlös in der sicheren Erwartungshaltung, dass sie für den Rest ihres Lebens durch die spätere Erbin „versorgt“ bzw. sozial eingebunden werde, ist für die Berechnung, inwieweit in dieser Überlassung des Kaufpreises eine gemischte Schenkung zu sehen ist, der monatliche Wert der seitens der Erbin zu erbringenden Leistungen mit der allgemeinen statistischen Lebenserwartung der Erblasserin zum Überlassungszeitpunkt zu multiplizieren und um den von § 14 Abs. 1 BewG vorgesehenen Abzinsungsfaktor von 5,5% zu reduzieren.

Nachweis des Erbrechts durch Vorlage eines Testaments

(BGH, Urteil vom 05.04.2016 - XI ZR 440/15):
Der Erbe kann sein Erbrecht auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments belegen, wenn dieses die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist.

Pflichtteilsergänzungsanspruch

(Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 23.05.2012 - IV ZR 250/11):
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Absatz 1 BGB wegen den Nachlasswert mindernder lebzeitiger Zuwendungen des Erblassers setzt nicht voraus, dass der Pflichtteilsberechtigte im Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung bereits pflichtteilsberechtigt war. So kann beispielsweise ein bei Übertragung des Grundstücks des Großvaters noch nicht lebender Enkel nach dessen Tod einen Pflichtteilsergänzungsanspruch haben.

Die verschiedenen Arten von Auskunftsansprüchen über den Bestand des Nachlasses nach § 2314 Abs. 1 BGB (auf ein privates Verzeichnis, auf ein Verzeichnis unter Zuziehung des Anspruchsgläubigers, auf ein amtliches Verzeichnis) können neben oder nacheinander geltend gemacht werden.

Verkaufspreis Bewertungsgrundlage für Pflichtteil

(BGH, Beschluss vom 25.11.2010 - IV ZR 124/09):
Wird ein Nachlassgegenstand nach dem Erbfall veräußert, stellt der erzielte Verkaufserlös die Bewertungsgrundlage dieses Gegenstands im Pflichtteilsrecht dar. Ob der Verkaufspreis über oder unter einem vom Gutachter festgesetzten Wert liegt ist unerheblich.

Auslegung eines Testaments bindet Nachlassgericht nicht

(OLG München, Beschluss vom 08.06.2010 - 31 Wx 48/10):
Legen die erbrechtlich Beteiligten eine unklare letztwillige Verfügung übereinstimmend in eine bestimmte Richtung aus (Auslegungsvertrag), ist das Nachlassgericht bei der Feststellung der Erbfolge hieran nicht gebunden.

Bundesgerichtshof zur Pflichtteilsergänzung bei Lebensversicherungsverträgen

(BGH, Urteil vom 28.04.2010 - IV ZR 73/08, Pressemitteilung Nr. 89/2010):
Der insbesondere für das Versicherungsvertragsrecht und das Erbrecht zuständige 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die seit Schaffung des BGB umstrittene Rechtsfrage neu beurteilt, auf Grundlage welchen Werts ein Pflichtteilsberechtigter eine Ergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB verlangen kann, wenn der Erblasser die Todesfallleistung einer von ihm auf sein eigenes Leben abgeschlossenen Lebensversicherung mittels einer widerruflichen Bezugsrechtsbestimmung einem Dritten schenkweise zugewendet hat.

Der Bundesgerichtshof hat die bisherige, auf ein Urteil des Reichsgerichts aus den 1930er Jahren zurückgehende und an der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien anknüpfende Rechtsprechung aufgegeben, und entschieden, dass es allein auf den Wert ankommt, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls kann gegebenenfalls auch ein - objektiv belegter - höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können. Dabei ist der objektive Marktwert aufgrund abstrakter und genereller Maßstäbe unter Zugrundelegung der konkreten Vertragsdaten des betreffenden Versicherungsvertrags festzustellen. Die schwindende persönliche Lebenserwartung des Erblasseres aufgrund subjektiver, individueller Faktoren - wie insbesondere ein fortschreitender Kräfteverfall oder Krankheitsverlauf - darf bei der Wertermittlung allerdings ebenso wenig in die Bewertung einfließen, wie das erst nachträglich erworbene Wissen, dass der Erblasser zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich verstorben ist.

Damit ist der Bundesgerichtshof einer Tendenz in Literatur und Rechtsprechung heute entgegengetreten, die - unter Berufung auf ein Urteil des 9. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu einer ähnliche Fragestellung im Insolvenzrecht - bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs auf die gesamte Versicherungssumme abstellen wollte.

Zwangsgeld trotz notariellen Nachlassverzeichnisses

(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.04.2010 - 5 W 81/10-33):
Eine notarielles Verzeichnis im Sinne des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB genügt den dort statuierten Anforderungen nur dann, wenn der Notar den Nachlassbestand eigenständig ermittelt hat und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein.

Umzug in Pflegeheim nach Pflegeverpflichtung bei Grundstücksübertragung

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.01.2010 - V ZR 132/09):
Kann ein Familienangehöriger, der als Gegenleistung für die Übertragung eines Grundstücks die Pflege des Übergebers übernommen hat, seine Leistung wegen Umzugs des Übergebers in ein Pflegeheim nicht mehr erbringen, wird sich dem im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden mutmaßlichen Parteiwillen im Zweifel nicht entnehmen lassen, dass an die Stelle des ersparten Zeitaufwands ein Zahlungsanspruch des Übergebers treten soll.

Pflichtteilsberechnung bei einer als vorweggenommene Erbfolge bezeichneten Zuwendung des Erblassers

(BGH, Urteil vom 27.01.2010 - IV ZR 91/09):
Ob und wie lebzeitige Vorempfänge sich auf die Pflichtteilsberechnung auswirken, hängt davon ab, welche Anordnungen der Erblasser bei der Zuwendung getroffen hat. In Betracht kommen (1.) die Anordnung, die Zuwendung zur Ausgleichung zwischen Abkömmlingen zu bringen (§§ 2316 I, 2050 III BGB), (2.) die Bestimmung, die Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen (§ 2315 I BGB), sowie (3.) die Zuwendung auszugleichen und zugleich anzurechnen (§ 2316 IV BGB). (Bei einer Ausgleichung wird der Wert der Zuwendung von dem Erbteil abgezogen und erst von dem so ermittelten Betrag der Pflichtteil berechnet. Bei der Anrechnung wird der Pflichtteil zunächst selbst berechnet und dann hiervon der Wert der Zuwendung abgezogen. Bei einer gleichzeitigen Ausgleichungs- und Anrechnungsanordnung ist zunächst der Pflichtteil im Wege der Ausgleichung zu bestimmen und dieser Wert danach um die Hälfte des Zuwendungswertes zu kürzen.) Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, wenn die Zuwendung im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich vorgenommen worden ist, kann nur durch Auslegung ermittelt werden. Begriff und Motivation legen es bei einer vorweggenommenen Erbfolge nahe, dass damit die Eigentumsübertragung als mit Rücksicht auf das künftige Erbrecht umschrieben werden soll, was wiederum für eine Ausgleichsanordnung spricht, weil so die Berücksichtigung der Zuwendung auf den Erbteil, nicht aber auf den Pflichtteil bezogen wird. Entscheidend ist der Erblasserwille, ob mit der Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung gewünscht war und im Übergabevertrag festgelegt werden sollte, oder ob die Klausel lediglich klarstellen sollte, dass der Empfänger das, was er an sich erst mit dem Tode des Erblassers erhalten sollte, nun schon zu Lebzeiten bekommt, im Übrigen es aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll.

Gutachterkosten sind bei Erbschaftsteuer abzugsfähig

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.12.2009 - II R 37/08):
Sachverständigenkosten zur Bewertung von Nachlassgrundstücken bei der Erbauseinandersetzung sind als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Absatz 5 Nr. 3 Satz 1 Erbschaftsteuergesetz abzugsfähig. Beim Vorhandensein von Grundbesitz gilt dies wie für die Notariats- und Gerichtskosten, Aufwendungen für anwaltliche Beratung und außergerichtliche und gerichtliche Vertretung des jeweiligen Miterben bei der Erbauseinandersetzung nebst etwaigen Gerichtskosten, und zwar unabhängig davon, ob die Miterbenstellung auf gewillkürter oder gesetzlicher Erbfolge beruht.

 

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